Size Matters

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Mathias Mächler und Martin Stahel (Foto: Philipp Knöpfel (DACHCOM))

Fragt man Herr und Frau Schweizer, was ihnen zum Begriff Mikrotechnik einfällt, hört man wohl: «Das ist was mit kleinen Teilen. Ideal für Menschen, welche gerne mit Fingerspitzengefühl kleinste Schräubchen und Zahnräder montieren.» NTB FOLIO befragt mit Mathias Mächler und Martin Stahel zwei, die es wissen müssen. Sie räumen auch gleich mit einigen Vorurteilen auf.

Mikrotechnik ist ja eine Studienrichtung, welche keine typischen Zuliefererberufe hat. Dies unterscheidet sie z. B. von Maschinenbau oder Elektronik. Erzählt ein bisschen was über euren beruflichen Hintergrund.

MATHIAS MÄCHLER: Ich habe eine Lehre zum Polymechaniker im Werkzeugbau mit BMS gemacht. Anschliessend habe ich das Systemtechnik-Studium an der NTB mit Vertiefung in Technologie und Prozesse – die damalige Bezeichnung für Mikrotechnik – absolviert. Diese für mich neue Technologie hat mich so fasziniert, dass ich ein Masterstudium in Mikro- und Nanotechnologie absolviert und 2011 abgeschlossen habe.

MARTIN STAHEL:
Ich durchlief eine Ausbildung zum Elektroinstallateur. Nach Abschluss der Lehre und der BMS habe ich noch ein Jahr in den «grünen Ferien » – auch als Militär bekannt – verbracht. Danach habe ich an der NTB das Bachelorstudium absolviert und mit der Vertiefung Mikrotechnik abgeschlossen. Heute arbeite ich 50% am Institut für Mikro- und Nanotechnologie MNT und studiere auf Stufe Master of Science in Engineering mit der Forschungsrichtung Mikrotechnologie.

Wie oder warum seid ihr an der NTB gelandet und habt hier studiert?

MÄCHLER:
Die Vielseitigkeit des Studiums, welche ich an einem Infotag der NTB kennengelernt habe, hat mich sehr beeindruckt. Obwohl ich als Glarner sicher eine Hochschule hätte wählen können, welche etwas näher gelegen wäre, habe ich den sehr langen Weg von Ennenda nach Buchs in Kauf genommen. Bedingt durch mehrmaliges Umsteigen und Wartezeiten betrug dieser 1,5 Stunden – pro Weg. Aber es hat sich gelohnt. Ich würde es wieder so machen.

STAHEL:
Für mich war das Studium buchstäblich naheliegend: Ich bin schon während der BMS an der bzb täglich an der NTB vorbeigekommen. Dennoch gab es gleich mehrere Gründe für die Wahl der NTB: Einerseits hat mich eine Präsentation des Systemtechnik-Studiums – damals noch im Londoner Doppelstock-Bus – beeindruckt, andererseits hatten wir einen Physiklehrer, der auch an der NTB studiert hat.

Warum Mikrotechnik?

STAHEL: Mir war schnell klar, dass ich Systemtechnik studieren wollte. Nur die Studienrichtung war noch offen. Ausschlaggebend war dann, dass sich ein Kollege aus der BMS, welcher sein Studium an der NTB ein Jahr früher startete, sehr begeistert darüber geäussert hat. Mit einem Mikrotechnik- Abschluss ist man auch etwas einzigartiger, als wenn man Maschinenbau studiert hat (lacht).

Wir entwerfen nicht nur interessante Komponenten, dank der ausgezeichneten Infrastruktur der NTB können wir diese dann auch inhouse produzieren.

MÄCHLER:
Mich haben zu Beginn die Vielseitigkeit des Studiums, das Roboter-Projekt und der Einblick in die Labors sehr fasziniert. Eigentlich kam ich an die NTB, um Maschinenbau zu studieren. Im Verlauf des ersten Jahres – vor allem dank dem Einblick in die Labors – merkte ich aber, dass es auch andere spannende Vertiefungsrichtungen gibt. Als Polymechaniker war ich stolz darauf, auf Subhundertstelmillimeter genau zu arbeiten, und habe dann an der NTB erfahren, dass auch Systeme im Nanometer-Bereich sehr reizvoll sein können.

Stichwort «Präzision»: Ihr seid beide von eher kräftiger Statur. Braucht es in der Mikrotechnik nicht eher feine Fingerchen?

MÄCHLER: Ein weit verbreitetes Vorurteil: Natürlich handelt es sich beim Endprodukt oft um kleinste Teilchen oder das System enthält solche. Aber zur Herstellung benötigt man meist grössere Anlagen. Dabei behilft man sich auch mit entsprechenden Apparaturen, Systemen usw. Manchmal hilft es aber tatsächlich, wenn man eine ruhige Hand hat.

STAHEL: Die typischen mikrotechnischen Elemente, welche wir erstellen, sind ja meist so klein, dass auch die feinsten Finger diese nicht mehr greifen können. Deshalb sind die Anlagen so aufgebaut, dass wir die Komponenten nicht von Hand platzieren müssen. Die Auswahl der richtigen Werkzeuge und Methoden ist entscheidend. Im Reinraum kommt auch viel Chemie zum Einsatz – mit entsprechender Schutzkleidung. Das allein schränkt ja die manuelle Tätigkeit eh sehr ein.

Wie sieht eure Arbeit konkret aus?

STAHEL: Ein grosser Teil der Arbeit geschieht auch bei uns am Computer. Entwerfen, planen, administrative Arbeiten. Bei den praktischen Arbeiten gibt es wie gesagt auch Tätigkeiten im Reinraum. Ich betreibe viel Analytik, z. B. von elektrischen Eigenschaften von Schichten, arbeite mit dem Rasterelektronenmikroskop, erstelle Versuchsaufbauten für Tests. Zudem zeichne ich elektronische Komponenten. Meine Arbeit ist wirklich sehr abwechslungsreich.

MÄCHLER: Bedingt durch meinen beruflichen Background löse ich oft auch eher mechanische Aufgabenstellungen. Wie Martin bereits gesagt hat, ist unsere Arbeit sehr vielfältig. Obwohl ich an der NTB eher einer der «Vielanwender» der Reinräume bin, komme ich auch nur auf ca. 150 Stunden pro Jahr, also ca. vier Wochen. Arbeiten im Reinraum ist also eher Ausnahme als Regel. Was mich selbst immer wieder fasziniert: Wir entwerfen nicht nur interessante Komponenten, dank der ausgezeichneten Infrastruktur der NTB können wir diese dann auch inhouse produzieren. Das Einbinden der fertigen mikrotechnischen Systeme in die Umwelt bzw. in das Gesamtsystem – wie interagiert es mit der Umwelt – ist eine weitere anspruchsvolle Aufgabe. Ich plane, konstruiere, fertige. Daneben betreue ich auch regelmässig Praktikanten und unterrichte im Fach Fertigungstechnik 1 bei den MaB3. Alles sehr vielseitig.

Apropos «vielseitig»: Ich habe gehört, ihr seid auch im Marketingbereich tätig?

MÄCHLER: Ja, Martin und ich begleiten Beni Wirz, NTB-Projektleiter Studierenden-Akquise und Marketing, regelmässig bei Besuchen von Berufsschulen oder Berufsmessen. Ich finde es sehr spannend, potenziellen Studierenden die Faszination für Mikrotechnik weiterzugeben. In einem ersten Schritt geht es meist darum, sie für Systemtechnik als Ganzes zu gewinnen und ihnen einen Überblick über die verschiedenen Studienrichtungen und damit auch Möglichkeiten zu geben. Vielen jungen Menschen geht es ja gleich wie mir vor dem Studium: Mikrotechnik ist eine sehr unbekannte Disziplin. Diese Arbeit macht sehr viel Spass.

STAHEL: Meine Motivation ist es, dass ich das Studium extrem lässig gefunden habe. Dies teile ich gerne mit. Sonst würde ich das auch nicht machen. Junge Menschen haben als Ingenieur auch beste Berufsperspektiven. Mich hat sehr beeindruckt, dass am Stellenbörsetag 75 Firmen ihre Angebote präsentiert haben.

«Manny», Sie sind relativ neu im Team. Was ist Ihre Aufgabe?

Manny beherrscht die deutsche Sprache nicht wirklich. Aber wäre die Schaufensterpuppe mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, würde sie die Fragen wohl wie folgt beantworten:

MANNY: Mikrotechnik ist ja allgegenwärtig, aber – nicht zuletzt grössenbedingt – meist unsichtbar. Das Team MNT hatte deshalb die Idee, einige Alltagsgegenstände als Anschauungsmaterial einzusetzen. Meine photochromatische Brille passt sich den wechselnden Lichtverhältnissen an. Dies können unsere Besucher selbst mit Hilfe einer UV-Lampe testen. Ich trage eine Sportuhr, welche den Puls mit einem photonischen Element misst.

MÄCHLER: Das übrigens nur dank Mikrotechnik in der Uhr Platz hat. (lacht)

MANNY: Mein Sportanzug ist dank einer mikrotechnisch optimierten Oberfläche aerodynamisch. Und auch der Belag meines Skis profitiert von mikrotechnischem Know-how. Nebst sportlichen Komponenten zeige ich auch Medizintechnik, denn hier finden wir ein besonders breites Einsatzgebiet für mikrotechnische Systeme: Vom Hörgerät bis zu einem Insulin-Patch, für welches die NTB auch schon Entwicklungshilfe geleistet hat. Im Patch sind miniaturisierte Sensoren integriert, welche den Füllstand des Insulin-Reservoirs messen oder Verstopfungen anzeigen. Ein Herzschrittmacher passt nicht ganz zu meiner sportlichen Erscheinung, wäre aber auch ein gutes Beispiel für mikrotechnische Komponenten.

Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

MANNY: Mathias engagiert sich bei Swiss Ski in der Sportnachwuchsförderung im Biathlon und ist Renndirektor der nationalen Rennserien. Dank seinem Netzwerk zu den Ausrüsterfirmen konnte Mathias mich und viele «Anschauungsbauteile» aus der Sportwelt organisieren.

STAHEL:
Manny zeigt – quasi von Kopf bis Fuss – sehr gut auf, dass Mikrotechnik für viele Alltagsgegenstände notwendig ist. Thematisch sind den Anwendungen dabei kaum Grenzen gesetzt. Entsprechend gilt dies auch fürs Studium. Wie heisst es so schön in unseren Prospekten: «Mikrotechnik: Das Studium der kleinen Teile bietet grosse Möglichkeiten. » Das kann ich nur unterschreiben!

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