Bewusstsein ist Werkzeug für Veränderung

Bewusstsein ist Werkzeug für Veränderung
Bernhard Moestl

Den eigenen Wert erkennen und sich nicht von Emotionen leiten lassen, dafür plädiert Coach und Autor Bernhard Moestl. Wie dies gelingen kann und was die asiatische Gelassenheit damit zu tun hat, erklärt er im Gespräch mit wirtschaftszeit.at.

Herr Moestl, Sie sind davon überzeugt, dass man das Bewusstsein kontrollieren soll. Wie kann dies gelingen?
Eines muss uns bewusst sein: Wir handeln nicht aufgrund von Tatsachen, sondern aufgrund dessen, was wir für Tatsachen halten. Sie handeln nicht weil etwas passiert ist, sondern weil Sie glauben, dass etwas passiert ist. Was ich kontrollieren kann, ist die Frage was ich in mein Bewusstsein lasse. Wenn ich etwas nicht weiß, dann stört es mich auch nicht. Gehe ich aber davon aus, dass etwas passiert ist, werde ich entsprechend handeln. Unabhängig davon, ob es der Wahrheit entspricht. Ich kann also gewisse Wahrnehmungsfilter setzen und mich von gewissen Dingen nicht mehr beeinflussen lassen. Dies gilt jedoch auch dann, wenn Sie etwas zwar können, aber der Meinung sind, es nicht zu können. Dann nutzen Ihnen diese Fähigkeiten nichts.

Es gibt doch immer wieder Fähigkeiten, von denen wir schon als Kind gehört haben, dass wir sie nicht haben. Wie können wir unser Denken ändern?
Sie können sich mit ihrem Bewusstsein ganz klar darauf fokussieren und sich die Fähigkeiten bewusst machen. Es geht dabei um Selbstbewusstsein. Dabei hat Selbstbewusstsein nichts damit zu tun, dass ich glaube, etwas gut zu können. Ich muss mir erst bewusst werden, was ich überhaupt kann. Ich kann mein Denken dahingehend verändern, dass ich die Fähigkeit überprüfe. Und da stelle ich Ihnen die Frage: Wie viel von dem, wo Sie glauben, dass Sie es nicht können, haben Sie schon überprüft? Das Meiste davon haben Sie noch nie hinterfragt. Bevor Sie sich sagen, Sie können etwas nicht, sollten Sie zuvor überprüfen ob Sie es nicht doch können. Überlegen Sie sich auch immer woher Sie zu wissen glauben, dass Sie etwas nicht können. Aber es ist natürlich sehr bequem zu sagen, dass man etwas nicht kann. Deswegen ändern die Leute ihr Denken auch nicht.

Sie empfehlen alles zu hinterfragen...
Bevor ich sage, ich kann etwas nicht - stelle ich mir die Frage, woher weiß ich das? Wann habe ich es probiert? Es gibt Dinge, die ich wirklich nicht kann. Fliegen kann ich beispielsweise nicht. Aber ich empfehle bei jeder Sache zu überlegen: Wie komme ich auf die Idee? Warum bin ich der Meinung, dass etwas so ist? Wieso gehe ich davon aus, dass etwas so ist? Wer könnte ein Interesse daran haben, dass ich etwas glaube oder nicht glaube? Das sind ja ganz viele Dinge. Das Hinterfragen dauert nicht lange, ist aber sehr wirkungsvoll.

Sie sprechen in dem Zusammenhang auch von der "inneren Kraft". Was darf man sich darunter vorstellen?
Die innere Kraft ist ein Naturgesetz. Die Natur hat es so eingerichtet, dass Kraft nur von innen kommen kann. Es gibt keine äußere Kraft. Sie können nicht meine Hand nehmen und mit meiner Hand ein Buch schreiben. Sie können mir keine Ideen einflößen wenn ich keine habe und Sie können auch nicht sagen, ich schaffe etwas, wenn ich der Meinung bin, ich schaffe es nicht. Die Kraft und der Wille etwas zu verändern muss von mir kommen. Das gilt auch für die Kraft die mich zerstört oder die Kraft mit der ich daran festhalte, dass ich etwas nicht kann. Auch die Kraft die mich gesund oder krank macht, die mich lähmt oder blockiert, kommt von innen. Die Natur hat bestimmt, dass die Wesen sich nur selber weiterbringen und selber blockieren können.

Ist da nicht der Umgang mit Problemen schwierig, die in der Vergangenheit liegen und tiefgreifend sind?
Ich muss mir überlegen, was tiefgreifend heißt. Warum lasse ich etwas nicht los? Warum betrifft es mich? Das ist eben diese Kraft - die, die gegen mich geht. Kraft ist nicht immer etwas Gutes. Ich muss aufhören und loslassen. Das ist das was ein Tier von einem Menschen unterscheidet. Diese Kraft lähmt uns, hemmt uns oder zerstört uns am Ende sogar. Sie können sich nur überlegen wieso Sie anders handeln, als Sie handeln wollen. Dann können Sie es ändern.

Sie sind davon überzeugt, dass man sich von Emotionen nicht leiten lassen darf. Wie soll dies gelingen?
Emotionen sind weder gut noch schlecht. Aber als Entscheidungshilfe sind sie das Schlimmste, das es gibt. Jede Emotion - auch Freude - bringt Sie dazu, falsche Entscheidungen zu treffen. In dem Moment in dem Sie aufgrund einer Emotion anders entscheiden, als Sie es emotionslos getan hätten, ist sie schlecht. Weil dann nicht mehr Ihr Verstand entscheidet, sondern die Emotion. Emotionen verhindern den Gebrauch des Bewusstseins, das ich als ein Werkzeug für Veränderung sehe. Bewusstsein ist das, was uns als Menschen ausmacht: Ich kann anders handeln als ich glaube, handeln zu müssen. Ein Tiger oder ein Hund, dem Sie Fleisch hinlegen, wird es unter allen Umständen fressen. Ein Mensch kann sich entscheiden – er kann beispielsweise sagen, dass er Vegetarier ist. Die Emotion bringt uns aber genau dorthin zurück, wo wir wieder das Tier sind.

Wie kann ich jetzt Emotionen so von mir abkapseln, dass sie mich bei Entscheidungen nicht mehr beeinflussen können?
Sie müssen die Emotion nicht abkapseln. Sie dürfen nur in Situationen keine Entscheidung treffen, in denen Sie emotional sind. Sie können durchdrehen vor Zorn, das ist völlig belanglos. Solange Sie nicht aus dieser Situation heraus eine Handlung setzen. Sie müssen sich überlegen warum Sie eine Entscheidung so oder so treffen. Dafür haben Sie ja das Bewusstsein. Sie können es sich überlegen -  das ist das wunderbare unseres Bewusstseins.

Sie haben ein Buch über asiatische Gelassenheit geschrieben. Was verstehen Sie darunter?
In meinem Buch "Lächeln ist die beste Antwort: 88 Wege asiatischer Gelassenheit" geht es um die innere Haltung. Asiaten unterscheiden sich sehr von uns Europäern. Sie lassen sich nichts gefallen, aber sie konfrontieren andere nicht.  Das ist etwas, was sie besonders macht und weswegen westliche Manager mit den Asiaten nicht zurechtkommen. Asiaten regen sich auch nicht auf. Sie zeigen normalerweise keine Emotionen und lassen sich von ihnen auch nicht hinreißen. Ich würde sagen, sie regeln die Dinge hinten herum. Aber bei der Gelassenheit geht es vor allem darum: Stellen Sie sich vor 10.000 Menschen auf der Straße reden über Sie. Wenn Sie es nicht wissen, dann interessiert es Sie auch nicht. Man muss nicht immer alles hören was die Menschen reden. Meine Oma sagte immer: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! Asiatische Gelassenheit bedeutet einfach, gewisse Dinge zu filtern und gewisse Rezeptoren nicht anzuwerfen. Es muss mich nicht interessieren was alle andern über mich denken oder sagen. Ob jetzt jemand der Meinung ist, dass ich etwas kann oder nicht - wenn er nicht mein Kunde ist, dann ist mir das ziemlich egal.

Sie betonen in dem Zusammenhang auch sehr gerne, dass man sich des eigenen Wertes bewusst sein muss...
Ja, genau! Das ist das Selbstbewusstsein im wirklichen Sinne des Wortes. Ich muss zulassen, dass ich etwas Wert bin. Da haben wir einen weiteren Unterschied zu den Asiaten: Denn Europäer neigen dazu, dass sie sich über das beklagen was sie nicht haben. Wir werden ja schon dazu erzogen, dass wir uns bewusst machen was wir nicht können. Was wir noch verbessern können. Das ist etwas völlig unnatürliches. Schauen Sie, kein Tiger käme je auf die Idee sich zu überlegen, dass er nicht fliegen kann. Es ist ihm ziemlich egal. Er verbessert aber ständig das, was er schon kann.

Wir müssen uns also einfach wieder bewusst werden wo unsere Fähigkeiten liegen?
Stellen Sie sich einfach selber folgende Fragen: Worin sind Sie gut? Was macht Sie besonders? Wo sind Sie stark? Jeder hat etwas was er kann. Es gibt niemanden, der nichts kann. Das gibt es nicht. Es ist wichtig, dass man sich selber gegenüber auch eingesteht, dass man gut ist. Stärke und Selbstbewusstsein heißt, ich werde mir meiner Fähigkeiten bewusst. Es heißt nicht, dass ich mir Dinge schön rede die ich nicht kann. Ich muss mich dann aber auch trauen zu sagen, dass ich etwas gut kann! Stellen Sie sich vor Audi bringt ein neues Auto heraus und sagt in der Werbung: "Wir finden, dass uns der neue Audi A11 gar nicht so schlecht gelungen ist". Das wollen Sie nicht hören! Sie wollen hören "Wir haben das beste Auto produziert was momentan möglich war. Etwas Besseres gibt es momentan nicht".

In unserer Gesellschaft ist es aber doch sehr verpönt, wenn man sich selber lobt...
Ja. Und das ist eines der dümmsten Dinge, die ich je gehört habe. Warum muss es mich aber interessieren?  Es ist meine Entscheidung etwas zu tun oder nicht zu tun. Es geht hier immer um Verlustangst. Wenn es jemandem nicht passt wie ich denke oder was ich sage, dann muss er ja nichts mit mir zu tun haben. Ich empfinde es aber schon fast als Frechheit, wenn jemand seinen eigenen Wert nicht wahrnimmt.  Wir haben Fähigkeiten und Talente bekommen und weigern uns das anzunehmen oder damit umzugehen? Dabei ist es völlig uninteressant was Sie beispielsweise von Ihrem Umfeld gelernt haben. Stellen Sie sich vor, ein Tiger lernt von seiner Mutter eine Jagdtechnik, die nicht funktioniert. Glauben Sie wirklich, der Tiger macht dies ewig so weiter, weil er es so gelernt hat? Nein, er wird es anders machen. So dumm, dass er verhungert, nur um es anderen Recht zu machen, ist nur der Mensch. Ich sage nochmals: Bewusstsein ist ein Werkzeug für Veränderung. Ich muss nicht ewig den gleichen Fehler machen. Das ist das, was uns Menschen doch so besonders macht.

Haben Sie abschließend noch einen Rat um Ihre Tipps umzusetzen?
Lächeln ist die beste Antwort!


Zur Person
Bernhard Moestl ist Geschäftsführer von brainworx Europe SRL und wohnt in Brasov (Rumänien). Der ausgebildete Fotograf und Heilmasseur war viele Jahre als Reiseleiter tätig. Seine vielseitigen Interessen spiegeln sich auch in seiner Tätigkeit als Autor, Journalist, Trainer und Vortragsredner wider. Moestl spricht fünf Sprachen (Englisch, Rumänisch, Türkisch, Chinesisch und Französisch) und bereiste bereits 121 Länder. Der 45-jährige Wiener veröffentlichte sieben Bücher mit einer Gesamtauflage von ca. 750.000 Exemplaren.


Symposium Angewandtes Coaching

18. September 2015 | 9.00 bis 17 Uhr | Zürich
Referenten: Marcel Meier, Thomas Freitag, Michael Gilgen, Ray Popoola, Dr. PEter Szabo, Bernhard Moestl, Dr. Sonja Radatz
Weitere Infos und Anmeldung: www.ipc-akademie.at 

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