„Werden wir mündige (Medien)-bürger?“

„Werden wir mündige (Medien)-bürger?“
v.l.: Markus Salzmann (Obmann der Vorarlberger Finanzdienstleister), Wolfgang Baake, Dr. Manfred Drennig, Erwin Loretz (Stv-Obmann der Vorarlberger Finanzdienstleister), vorne: Prof. Dr. h.c. Werner Lachmann.

Feldkirch (A) Die Währungs- und Schuldenkrise hat mittlerweile die gesamte EU fest im Griff. Eine Erholung ist bislang nicht in Sicht. Vor diesem Hintergrund fällt es nicht leicht, die richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Auf Einladung der Vorarlberger Finanzdienstleister der Wirtschaftskammer Vorarlberg informierten diese Woche unabhängige Experten die rund 300 Gäste im Altacher Veranstaltungszentrum KOM über die aktuelle Situation auf den Finanzmärkten, die konjunkturellen Aussichten und mögliche Zukunftsszenarien.

„Die Vorarlberger Finanzdienstleister erleben in ihren Kundengesprächen die große Unsicherheit vieler Verbraucher – hier wollen wir durch unabhängige Informationen entgegen wirken und gemeinsam einen Blick hinter die Kulissen der aktuellen Situation werfen. Besonders wichtig ist es, Anlegern und Sparern aufzuzeigen, dass es trotz der aktuellen Krisenstimmung möglich ist, sicher und rentabel zu investieren“, so Markus Salzgeber, Obmann der Fachgruppe Finanzdienstleister.

Dies zeige sich auch in der aktuellen Diskussion um die Schweizer Franken-Kredite, beispielsweise ob und wann ein Umstieg sinnvoll ist. „Kurzfristige Prognosen sind nicht seriös. Hier dürfen keine unbegründeten Ängste geschürt werden. Betroffene sollen sich von unabhängigen Vermögensberatern einmal vorrechnen lassen, wie es konkret um etwaige Währungsverluste, aber auch um die Zinsersparnisse bestellt ist“, rieten Salzgeber und der stellvertretende Fachgruppen-Obmann der Vorarlberger Finanzdienstleister Erwin Loretz.

Förderung des Wachstums essentiell
„Drohende Staatspleiten, Rezessionsängste, hohe Arbeitslosenzahlen und Negativzinsen auf den verschiedensten Sparformen: Die große Verunsicherung ist nur allzu verständlich“, bestätigte auch Referent Manfred Drennig, Gesellschafter der Privatconsult Vermögensverwaltungsgesellschaft in Wien. Für das Jahr 2012 sei eher mit einer weiteren Verschärfung der Währungskrise zu rechnen, als mit einer Entspannung.

Besonderes Augenmerk müsse auf die Förderung des Wachstums gelegt werden. „Denn bei politischer Beschränkung der jeweiligen Maßnahmen allein auf Sparen könnten etliche Länder in Europa auf eine ähnliche Situation wie aktuell in Griechenland zusteuern“, warnte Drennig. Eine weitere Gefahr: Insbesondere die Kreditversorgung der Wirtschaft durch die Banken in Europa werde knapper und teurer, was der Investitionsbereitschaft und -fähigkeit der Unternehmen schade. Für Anleger bleibe daher das traditionell wichtigste Instrument zur Riskenminimierung, die möglichst breite Streuung aller Veranlagungen, wichtiger denn je.

Verantwortungsvolles Marktverhalten
„Es geht ums Geschäft, aber wo ist Platz für Ethik?“ Solche Denkanstöße abseits harter Finanzanalysen initiierte Werner Lachmann, Wirtschaftswissenschafter und Professor der Universität Erlangen-Nürnberg. „Die Finanzkrise ist durch das unethische und verantwortungslose Verhalten der Marktteilnehmer hervorgerufen worden.“

So sei der Zusammenbruch des US-Investmenthauses Lehmann Brothers auch in Folge eines politisch gewollten Verhaltens zur Konjunktur-Ankurbelung der USA zu sehen, wodurch über Jahre hinweg die Ursachen für die Krise gelegt wurden. „Die Verfolgung des Einzelinteresses ist zwar legitim. Notwendig ist jedoch eine Gegenkraft, die langfristiges Denken und Nachhaltigkeit heißen muss.“

Macht und Verantwortung der Medien
In der Diskussion über die Finanzmarktkrise spielt auch die Frage nach der Verantwortung der Massenmedien eine Rolle. Für Wolfgang Baake, ehemaliger ARD-Journalist und Medienberater für Regierungen und Unternehmen habe der Wirtschaftsjournalismus als quasi vierte („oder doch erste Gewalt?“) in der Finanzkrise versagt und wurde seiner Verantwortung als „Frühwarnsystem“ nicht gerecht.

Für Baake habe die Qualität der öffentlichen Kommunikation auch direkte Auswirkungen auf die Qualität der Politik, auf die öffentliche Meinung und deren Verhalten. „Da droht Standard & Poor's den „AAA"-Ländern der Euro-Zone mit einer möglichen Herabstufung – wie zuletzt in Österreich passiert – und dem europäischen Rettungsfonds.

Und was passiert? Nichts. Oder zumindest ziemlich wenig. Baakes Erklärung: Die Urteile der Ratingagenturen seien zwar einflussreich. Gestaltet sich die mediale Berichterstattung weniger dramatisch, sind deren Botschaften fast schon banal. So würden insbesondere Herabstufungen, tatsächliche wie angedrohte, nicht wirklich schockieren, wenn ohnehin eher mit dem Schlimmsten gerechnet wird.“ Lediglich mit dem Finger auf „den“ Journalismus und sein etwaiges Fehlverhalten zu zeigen, reicht für Baake in der Diskussion über die Verantwortung der Medien aber nicht aus. Sein Appell: „Wir sind mündige Bürger, werden wir mündige Mediennutzer.“

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