Vorarlberger Industrie: Internationaler Wettbewerb wird immer härter

Vorarlberger Industrie: Internationaler Wettbewerb wird immer härter

Feldkirch (A) „Die Herausforderungen unserer Industrieunternehmen auf den internationalen Märkten werden immer größer. Das zeigt sich besonders durch den weiter steigenden Druck auf die Verkaufspreise“, analysiert Industrie-Spartenobmann DI Christoph Hinteregger die aktuell vorliegenden Ergebnisse der Konjunkturumfrage für das vierte Quartal 2014.

Daher lautet die klare Botschaft der Vorarlberger Industrie: „Wir fordern spürbare Entlastungen für Mitarbeiter und Unternehmen sowie rasche substanzielle Schritte zur Senkung der Lohnzusatzkosten wie auch ein Angehen überfälliger Strukturreformen“.

An der quartalsmäßigen Umfrage der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg und der Industriellenvereinigung haben sich 42 Unternehmen mit insgesamt 19.368 Beschäftigten beteiligt.

Der „Geschäftsklima-Index“ der Vorarlberger Industrie – das ist der Mittelwert aus der aktuellen Geschäftslage und der Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten - hat sich gegenüber dem 3. Quartal 2014 von +19 auf +23,30 %-Punkte leicht verbessert.
 
Die Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage hat sich zwar verschlechtert, bleibt aber auf einem stabilen, verhalten positiven Niveau. Ein Drittel der befragten Unternehmen (32 Prozent) bezeichnet die derzeitige Geschäftslage als gut, allerdings beurteilen sie aktuell 11 Prozent als schlecht.

Blick nach vorne dreht wieder ins Plus
Erfreulicher als in den letzten Umfragen ist der Ausblick für das nächste halbe Jahr. Die Geschäftslage in sechs Monaten wird von 32 Prozent als günstiger eingeschätzt, 62 Prozent erwarten eine gleichbleibende Situation. 6 Prozent rechnen mit einer ungünstigeren Geschäftslage im nächsten halben Jahr (Verbesserung des Saldowertes um +34 %-Punkte). Euphorie ist trotzdem nicht angesagt.

Export weiter top
Der positive Ausblick lässt sich vor allem durch die erfolgreiche Exporttätigkeit erklären. 40 Prozent sprechen von guten Auslandsaufträgen, für nur 2 Prozent sind sie derzeit schlecht, 58 Prozent bewerten die Auslandaufträge als durchschnittlich bzw. saisonüblich.

Verkaufspreise massiv unter Druck
Noch deutlicher zu spüren bekommen die Vorarlberger Industriebetriebe den immer stärker werdenden Druck auf die Verkaufspreise. 42 Prozent der befragten Unternehmen erwarten fallende Verkaufspreise in drei Monaten. Der Saldo verschlechtert sich gegenüber dem 3. Quartal 2014 um minus 29 %-Punkte auf ein - mit minus 39 %-Punkte - sehr niedriges Niveau. Nur 3 Prozent der Unternehmen rechnen damit, dass sie ihre Mehraufwendungen an ihre Kunden, in der Form von Preiserhöhungen, werden weitergeben können. Weitere produktivitätssteigernde Maßnahmen werden also erforderlich sein.

Zufriedenstellender wird die aktuelle Ertragssituation beurteilt: 47 Prozent sprechen von einer derzeit guten, 45 Prozent von einer durchschnittlichen und 8 Prozent von einer schlechten Ertragssituation. Vorausschauend auf die nächsten sechs Monate wird die Ertragssituation von 80 Prozent als gleich bleibend und immerhin von 12 Prozent als schlechter eingeschätzt. Nur 8 Prozent rechnen mit einer Verbesserung ihrer Erträge - der Saldo bleibt daher leicht negativ.

Leicht optimistisch sind auch die Einschätzungen bei der Produktionstätigkeit und der Auslastung von Produktionskapazitäten in drei Monaten: 31 Prozent der Betriebe rechnen mit einer steigenden Produktionstätigkeit, nur 2 Prozent mit einer abnehmenden. Ähnlich bei der Auslastung der Anlagen: 33 Prozent erwarten eine steigende, 61 Prozent eine gleichbleibende und 6 Prozent eine abnehmende Auslastung in den nächsten drei Monaten.

Branchenergebnisse

Maschinen- und Metallindustrie
Hier zeigt sich eine aktuell mäßige Geschäftslage, berichtet Mag. Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie in der WK-Vorarlberg. Für nur 23 Prozent ist sie aktuell gut. Während die Erwartungen hinsichtlich der Geschäftslage in sechs Monaten aber erfreulich ausfallen - von 57 Prozent wird sie günstiger eingeschätzt - befürchten 53 Prozent der befragten Unternehmen sinkende Verkaufspreise. „Der Mitarbeiterstand in der Metallbranche wird laut unsrer Umfrageergebnisse dennoch gehalten werden“, ergänzt Mag. Amann.

Nahrungs- und Genussmittelindustrie
Die Rückmeldungen zur aktuellen Geschäftslage in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie zeichnen ein eher düsteres Bild. Für 31 Prozent ist die derzeitige Lage schlecht und für nur 11 Prozent gut. Sehr pessimistisch sind auch die Erwartungen hinsichtlich der Verkaufspreise. 73 Prozent (!) rechnen mit sinkenden Preisen. Kein Unternehmen erwartet eine für sie günstigere Preissituation. „Vor allem auch die hohe Konzentration im Lebensmittelhandel wirkt sich weiter negativ auf die Ertragssituation aus“, erklärt Mag. Amann. 73 Prozent der befragten Unternehmen erwarten eine schlechtere Ertragssituation im nächsten halben Jahr.

Textilindustrie
Von 91 Prozent der befragten Unternehmen in der Textilbranche wird die aktuelle Geschäftslage als durchschnittlich und von keinem Unternehmen als schlecht beurteilt. „Das ist solide, aber keineswegs euphorisch“ informiert MMag. Mathias Burtscher, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg. Die Textilindustrie ist die einzige Industriebranche, die in der aktuellen Umfrage mit steigenden Verkaufspreisen rechnet. 11 Prozent erwarten steigende Verkaufspreise, kein Unternehmen fallende Preise. Damit bleibt die Einschätzung der aktuellen Ertragssituation und der Geschäftslage in sechs Monaten auf einem stabilen, aber nach wie vor niedrigen Niveau.

Elektro-/Elektronikindustrie
Die verhältnismäßig beste Geschäftslage zeigt sich in der Branche Elektro- und Elektronik-industrie. 96 Prozent bezeichnen sie als aktuell gut, kein Unternehmen spricht von einer schlechten Geschäftslage. Auftragsbestand und Auslandsaufträge werden von allen als gut bezeichnet. „37 Prozent können sich sogar eine Erhöhung ihres Beschäftigtenstandes vorstellen. Eine für alle Branchen und die gesamte Wirtschaft wünschenswerte, aber leider nur punktuelle branchenspezifische Entwicklung“, betont MMag. Burtscher.
Schlussfolgerungen und Forderungen

Anhand der aktuellen Ergebnisse der Konjunkturumfrage wird deutlich, wie sehr die Vorarlberger Industrie von internationalen Entwicklungen geprägt ist. „Wir sind keine Insel der Seligen. Als starkes Exportland spüren wir die Auswirkungen auf den internationalen Krisenherden massiv“, betont DI Christoph Hinteregger, Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg.

Es gilt nun, die in den vergangenen Jahren leider kontinuierlich gesunkene Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes wieder zu steigern und von weiteren Belastungen für die Betrieb abzusehen.

„Wir sprechen uns daher beispielsweise mit Nachdruck gegen ein aktuell diskutiertes Quotensystem für Betriebe hinsichtlich der Beschäftigung älterer Mitarbeiter aus. Unsere Industrieunternehmen benachteiligen nicht ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern zählen auf ihr riesiges Know-How und ihre hohe Einsatzbereitschaft“, so Hinteregger. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen: So hat in Vorarlberg beispielsweise der Anteil der unselbständig Beschäftigten im Alter von 45+ zwischen 2009 und 2014 von 44.444 auf 55.871 um 25 Prozent (!) zugenommen. Dass die Forderungen der Gewerkschaft in diesem Zusammenhang polemisch und standortschädlich sind, wird damit offensichtlich.

Ein Quotensystem mit Strafzahlungen bringt keine neuen Arbeitsplätze, sondern nur noch mehr Lasten für vielfach am Limit arbeitende Unternehmen. Spartenobmann Hinteregger appelliert stattdessen an die Politik, „substanzielle Schritte zur Senkung der Lohnzusatzkosten und überfällige Strukturreformen im Pensionszugang“ umzusetzen. Statt Strafen braucht es neue Ideen und Anreize, um ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb zu halten. Nach wie vor verabschieden sich noch zu viele von selbst und ohne Druck von Seiten des Unternehmens vor der Regelpension in den Ruhestand.

Ein wissenschaftlich fundiertes Anreiz-Modell der Wirtschaftskammer Österreich unter dem Titel „25-25-50“ knüpft genau da an: Wer über das beginnende Pensionsantrittsalter hinaus arbeitet, bekommt 25 Prozent seines Pensionsanspruchs zusätzlich zum Lohn ausbezahlt. 25 Prozent der Ansprüche werden dem Arbeitgeber als Lohnzuschuss überwiesen, um die Weiterbeschäftigung attraktiver zu gestalten. Die restlichen 50 Prozent verbleiben im Pensionstopf und entlasten damit das System. „Damit wäre es auch möglich, Wettbewerbsvorteile, die sich aus dem besonderen Handlungs- und Erfahrungswissen älterer Arbeitskräfte ergeben, als win-win-Situation für unsere Betriebe zu nutzen und gleichzeitig das Pensionssystem zu entlasten,“ stellt Hinteregger klar.

Steuerstrukturreform und mehr Effizienz
Damit den Menschen bei ihrem Einkommen mehr Netto vom Brutto bleibt, braucht es eine insgesamt sinnvolle Steuerstrukturreform, die die kalte Progression der letzten Jahre beseitigt. Nicht die Betriebe zahlen zu geringe Löhne, sondern der Staat nimmt durch Steuern, Sozialbeiträge und Gebühren unverhältnismäßig viel weg. Die Lösung ist ein sparsamerer und effizienterer Staat.
Hinteregger hofft, dass mit der geplanten Steuerreform nicht in erster Linie Neid und Missgunst befriedigt werden, sondern diese auch denjenigen zugutekommt, die in diesem Land etwas leisten. Die aktuelle Steuerdiskussion belastet und verunsichert die Unternehmen. Manche SPÖ-Vorschläge, wie etwa bei Vermögens- oder Erbschaftssteuern, kämen einer eiskalten Enteignungswelle gleich und wären ein Totalschaden für die heimische Wirtschaft!

(*) Der Geschäftsklimaindex ist der Mittelwert aus der aktuellen Geschäftslage und der Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten.

Zur Umfragemethode: Bei der Konjunkturumfrage werden den Unternehmen – ähnlich wie beim deutschen IFO-Konjunkturklimaindex – drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral, negativ. Aus den Antworten werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien errechnet. Unter Vernachlässigung der neutralen Antworten wird aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten der konjunktursensible „Saldo“ gebildet.
 

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