Vorarlberger Industrie: Aufwärtstrend mit vielen Fragezeichen

Vorarlberger Industrie: Aufwärtstrend mit vielen Fragezeichen
Industrie-Spartenobmann DI Christoph Hinteregger

Feldkirch (A) „Die Vorarlberger Industrie erlebt Dank Produktivitätssteigerungen und weitgehend guter Exportlage einen Aufwärtstrend. Der Druck auf die Verkaufspreise bleibt allerdings weiterhin sehr groß“, analysiert Industrie-Spartenobmann DI Christoph Hinteregger die aktuell vorliegenden Ergebnisse der Konjunkturumfrage für das vierte Quartal 2013.

„Eine spürbar höhere Effizienz muss in naher Zukunft auch die öffentliche Hand auf allen politischen Ebenen vorweisen, um dringende Reformen ohne Steuererhöhungen oder Einführung neuer Steuern durchführen zu können“, so die klare Botschaft der Vorarlberger Industrie.

An der quartalsmäßigen Umfrage der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg und der Industriellenvereinigung haben sich 40 Unternehmen mit insgesamt 17.652 Beschäftigten beteiligt.

Der „Geschäftsklima-Index“ der Vorarlberger Industrie – das ist der Mittelwert aus der aktuellen Geschäftslage und der Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten - hat sich gegenüber dem 3. Quartal 2013 von 28,3 auf 34,1 %-Punkte weiter verbessert. Das ist der höchste Wert seit Mitte 2011.
 
Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen (57 %) bezeichnet die derzeitige Geschäftslage als gut und nur 1 % als schlecht. Erfreulich ist auch die weitere, leichte Verbesserung des bereits hohen Saldowerts (aus gut und schlecht) gegenüber dem 3. Quartal 2013 von +55 % auf +56 %.

Optimistischer Ausblick
Positiv stimmt der Ausblick für das nächste halbe Jahr. Die Geschäftslage in sechs Monaten wird von 14 % günstiger eingeschätzt, 83 % erwarten eine gleich bleibende Situation. 3 % rechnen mit einer ungünstigeren Geschäftslage im nächsten halben Jahr (Verbesserung des Saldowertes um +10 %-Punkte).

Gute Auslandsgeschäfte
Der für Vorarlberg besonders wichtige Export bleibt auf gutem Niveau. Das zeigt der Bestand an den aktuellen Auslandsaufträgen: Von 53 % werden sie als gut und von nur 3 % als schlecht bezeichnet. 42 % bewerten die Auslandaufträge als durchschnittlich bzw. saisonüblich.

Zusätzliche Mitarbeiter werden eingestellt
Positiv sind die Einschätzungen zum Mitarbeiterstand in drei Monaten zu sehen. 30 % der befragten Unternehmen wollen den Mitarbeiterstand erhöhen, 66 % wollen ihn halten und nur 4 % erwarten einen sinkenden Mitarbeiterstand.

Verkaufspreise stark unter Druck
Deutlich zu spüren bekommen die Vorarlberger Industriebetriebe den immer stärker werdenden Druck auf die Verkaufspreise. Ein Drittel (33 %) der Unternehmen rechnet mit fallenden Verkaufspreisen in drei Monaten. Der Saldo bleibt gegenüber dem 3. Quartal 2013 bei -28 %-Punkten auf sehr niedrigem Niveau. Nur 5 % der befragten Unternehmen rechnen damit, dass sie ihre Mehraufwendungen bei ihren Kunden in der Form von Preiserhöhungen weitergeben werden können.

Zufriedener wird die aktuelle Ertragssituation beurteilt: 44 % sprechen von einer derzeit guten, 46 % von einer durchschnittlichen und 10 % von einer schlechten Ertragssituation. Vorausblickend auf die nächsten sechs Monate wird die Ertragssituation von 82 % als gleich bleibend und immerhin von 11 % als schlechter eingeschätzt.

Optimistisch sind die Einschätzungen bei der Produktionstätigkeit und der Auslastung von Produktionskapazitäten in drei Monaten: 35 % der Betriebe rechnen mit einer steigenden Produktionstätigkeit, nur 1 % mit einer abnehmenden. Ähnlich bei der Auslastung: 38 % erwarten eine steigende, 58 % eine gleichbleibende und 4 % eine abnehmende Auslastung ihrer Kapazitäten in den nächsten drei Monaten.

Branchenergebnisse

Maschinen- und Metallindustrie
Diese Branche wird von zwei wesentlichen Einschätzungen geprägt, berichtet Mag. Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie in der WK-Vorarlberg. Während die Erwartungen hinsichtlich des Beschäftigtenstandes (58 % wollen in den nächsten drei Monaten zusätzliche Mitarbeiter einstellen - der Saldowert hat sich von +7 auf +51 %-Punkte erhöht!) äußerst erfreulich ausfallen, befürchten 61% (!) der befragten Unternehmen sinkende Verkaufspreise.

Nahrungs- und Genussmittelindustrie
Trotz der Erwartung von gleich bleibenden Verkaufspreisen in drei Monaten (100 %) in dieser Branche, rechnen 37 % der Betriebe mit einer Verschlechterung der Ertragssituation in sechs Monaten. Immerhin wollen alle befragten Unternehmen ihren aktuellen Beschäftigtenstand trotzdem halten. „Erfreulich ist, dass 31 % der Unternehmen in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie eine weiter verbesserte Geschäftslage in sechs Monaten erwarten“, ergänzt Mag. Amann.

Textilindustrie
„Von 80 % der befragten Unternehmen wird in der Textilbranche die aktuelle Geschäftslage als durchschnittlich beurteilt,“ informiert MMag. Mathias Burtscher, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg. Für 20 % ist sie derzeit gut. Nicht zufriedenstellend ist nach wie vor die Ertragslage. 57 % beurteilen sie als schlecht und 43 % als durchschnittlich. Kein Unternehmen erwartet hier in den nächsten sechs Monaten eine Verbesserung.

Andere Branchen
Auch bei den befragten Unternehmen aus den anderen Branchen (Elektro- und Elektronikindustrie, Papier- und Pappeverarbeitende Industrie, Chemische Industrie, Bauindustrie, Holzindustrie, Fahrzeugindustrie) lassen sich laut Mathias Burtscher generelle Tendenzen erkennen. „Sowohl die derzeitige Geschäftslage als auch jene in sechs Monaten wird weitgehend als gleichbleibend und stabil gesehen. Kaum jemand möchte den Mitarbeiterstand in drei Monaten reduzieren, ein Ausbau von Arbeitsplätzen ist aber auch die Ausnahme. Allzu positive Signale bei Erträgen oder Verkaufspreisen sind ebenfalls nur die Ausnahme.“

Schlussfolgerungen und Forderungen:

Mehr Effizienz von der öffentlichen Hand
Das insgesamt zufriedenstellende Umfrageergebnis der Vorarlberger Industrie ist der Produktivitätssteigerung der Unternehmen gemeinsam mit ihren Mitarbeitern und der guten Exportlage zu verdanken. Trotz massivem Preisdruck ist die Industrie weiterhin DER wesentliche Garant für eine gut bezahlte und stabile Beschäftigung, das Schaffen von Kaufkraft, Ausbildung und Wohlstand in unserer Region. „Diese stetig steigende Produktivität fordern wir nun endlich auch von allen Bereichen der öffentlichen Hand, auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene“, erklärt DI Christoph Hinteregger, Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg.

Vorarlberger Wege ermöglichen
Vorarlberg habe, so Hinteregger, immer wieder in Ausbildungsfragen einen erfolgreichen Weg vorgezeigt. Der Industrie-Spartenobmann plädiert dafür, dass dies künftig verstärkt ohne Zwänge von der Bundesebene möglich sein soll. Eine offensive Bildungspolitik orientiert sich dabei aber nicht nur an der „erprobenswerten“ Gemeinsamen Schule der 10-14-Jährigen, sondern verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz - von der Frühförderung bis hin zur Erwachsenenbildung und damit dem unbestrittenen Prinzip „Lebenslanges Lernen“. Ein flächendeckendes Angebot der Ganztagsbetreuung bzw. von verschränktem Unterricht soll in den Schulen in Zukunft nicht wie bisher die Ausnahme, sondern die Regel darstellen. Es gilt hier das Nachfragen derartiger Angebote leicht zu machen und nicht auf die Proteste der Eltern zu warten. Es gilt aber auch das Schulsystem so weiter zu entwickeln, dass sich engagierte LehrerInnen noch besser entfalten können.

Mehr Netto vom Brutto
Damit den Menschen bei ihrem Einkommen mehr Netto vom Brutto bleibt, braucht es eine sinnvolle Steuerstrukturreform, die die kalte Progression der letzten Jahre beseitigt. Nicht die Betriebe zahlen zu geringe Löhne, sondern der Staat nimmt durch Steuern, Sozialbeiträge und Gebühren unverhältnismäßig viel weg. Die Lösung ist ein sparsamerer und effizienterer Staat. „Der aktuell von der neuen Bundesregierung verordnete Zwang zum Sparen in den öffentlichen Haushalten ist ein für die davon Betroffenen unangenehmer, aber grundsätzlich richtiger Ansatz“, findet Spartenobmann Hinteregger auch lobende Worte.

Wettbewerbsfähigkeit ist das zentrale Thema
Es gilt, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunkene Wettbewerbsfähigkeit unserer Standorte wieder zu steigern. Wenn man die wichtigsten Produktionsfaktoren näher betrachtet, erkennt man sofort, wo die Probleme liegen: Die Arbeitskosten, Grundstückspreise, Verwaltungskosten und Pensionskosten betragen ein Vielfaches von jenen z.B. in den aufstrebenden asiatischen Ländern. Die Energiepreise sind in der EU bis zu viermal so hoch wie in den USA.

„Im Wettbewerb der Standorte spielen Gebühren, Abgaben und Grundstückpreise eine entscheidende Rolle“, so DI Hinteregger. Auch auf kommunaler Ebene „ist man gut beraten, die Unternehmen nicht durch höhere Gebühren, wie etwa beim Abwasser, zusätzlich zu belasten.“

Die hohen Arbeitskosten, das niedrige Pensionsantrittsalter und die extrem hohe Abgabenquote von durchschnittlich 44,3 % lassen jetzt schon unseren Standort in einem schlechten Licht erscheinen, so der Industrie-Spartenobmann abschließend.

(*) Der Geschäftsklimaindex ist der Mittelwert aus der aktuellen Geschäftslage und der Einschätzung der Geschäftslage in sechs Monaten.

Zur Umfragemethode: Bei der Konjunkturumfrage werden den Unternehmen – ähnlich wie beim deutschen IFO-Konjunkturklimaindex – drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral, negativ. Aus den Antworten werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien errechnet. Unter Vernachlässigung der neutralen Antworten wird aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten der konjunktursensible „Saldo“ gebildet.

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