Positiver Trend laut Industriekonjunktur, aber wo bleibt die offensive Standortpolitik?

Positiver Trend laut Industriekonjunktur, aber wo bleibt die offensive Standortpolitik?
Martin Ohneberg

Lustenau (A) Bei den präsentierten Ergebnissen der Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung (IV) Vorarlberg und der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Vorarlberg (WKV) zeigte sich IV-Präsident Martin Ohneberg mit einigen Umfragewerten zufrieden: „Wir haben ein überwiegend positives Ergebnis im ersten Halbjahr 2015.

Es gibt aber auch Indikatoren, die zur Vorsicht aufrufen und die Euphorie bremsen. Eine Mahnung an uns alle, noch intensiver an besseren Standortbedingungen zu arbeiten und über Best-Practice-Beispiele in den Bundesländern eine Reformdynamik zu schaffen.“

38 Vorarlberger Unternehmen mit über 20.000 Beschäftigten haben sich an der aktuellen Konjunkturumfrage im zweiten Quartal beteiligt. Der Geschäftsklimaindex, der sich aus dem Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in 6 Monaten ableitet, stieg dabei leicht von 31,40 auf 34,90 an (Österreich-Schnitt: 20,70). „Es ist erfreulich, dass sich der positive Trend in Vorarlberg seit Mitte letzten Jahres in kleinen Schritten fortsetzt, auch wenn wir noch weit von einer optimalen Lage entfernt sind und der Blick in die Zukunft im Vergleich zur letzten Umfrage leicht schlechter geworden ist. Erfreulich ist, dass Vorarlberg im österreichweiten Vergleich aktuell deutlich an der Spitze liegt“, so IV-Präsident Martin Ohneberg. Wie bei seinem Amtsantritt angekündigt, verfolge er intensiv das Ziel, Vorarlberg als „Best Practice-Land“ im eigenen Wirkungsbereich zu positionieren und über „Best Practice-Beispiele“ aus den Bundesländern die notwendige Reformdynamik auf Bundesebene zu erzwingen.

Grund für das überwiegend positive Ergebnis beim Geschäftsklimaindex ist die derzeit gute Geschäftslage, wo sich die Einschätzung im Vergleich zum vorherigen Quartal um 8 Prozentpunkte gesteigert hat und der Saldo zwischen guter und schlechter Geschäftslage nun bei +65 Prozentpunkten liegt. Der Präsident warnt aber gleichzeitig vor jeglicher Euphorie, denn neben positiven gebe es auch einige negative Indikatoren, die es nicht aus den Augen zu verlieren gelte.

Exporte sichern Arbeitsplätze im Inland
Ein Hauptgrund für die derzeit gute Geschäftslage sind die Auslandsaufträge. 63 Prozent der Befragten Unternehmen bewerteten die aktuelle Situation als gut, was einem Plus von 27 Prozent gegenüber dem vorherigen Quartal entspricht. „Vorarlberg ist ein Exportland, das belegt sowohl unsere Konjunkturumfrage als auch jüngst präsentierte Zahlen des Landes, die Vorarlberg im Pro-Kopf-Export 2014 an der Spitze Österreichs sehen“, erklärt Ohneberg. „Der vorwiegend industrielle Exportmotor schafft regionale Wertschöpfung und sichert hochwertige Arbeitsplätze in Vorarlberg, er muss deshalb unbedingt am Laufen gehalten werden. Einmal mehr hoffe ich deshalb gerade für unser Exportland auf einen positiven Ausgang der TTIP-Verhandlungen (Anm. Freihandelsabkommen EU-USA) mit weiterhin hohen Standards für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft. Das Schüren von Ängsten gegen Freihandelsabkommen schafft unweigerlich wirtschaftskritische Stimmung in der Gesellschaft. Wer daran zweifelt, dass unsere Unternehmen heute an internationalen Märkten bestehen müssen und das auch für die Finanzierung unseres Sozialsystems von Bedeutung ist, verschließt die Augen vor der Realität“, so der Industrie-Präsident.

Facharbeitermangel bemerkbar
Positiv sieht Ohneberg auch, dass sich der Beschäftigungsstand trotz des schwierigen wirt-schaftlichen Gesamtumfelds in Österreich als stabil ausweist. 34 Prozent der befragten Un-ternehmen gehen – ähnlich wie bei der letzten Umfrage – von einem steigenden Beschäfti-gungsstand in den nächsten drei Monaten aus. „Die gute Geschäftslage erlaubt es einigen Betrieben, weitere Mitarbeiter einzustellen, was in Zeiten von steigender Arbeitslosigkeit dringend notwendig ist. Gebraucht werden aber vor allem qualifizierte Fachkräfte, doch die sind oftmals nicht ausreichend am Arbeitsmarkt vorhanden und somit schwer zu finden“, be-richtet Ohneberg. Es scheitere damit also oftmals nicht an den Betrieben sondern schlichtweg an der Qualifizierung, so Ohneberg weiter.

Verkaufspreise weiterhin unter Druck

Besorgniserregend sind weiterhin die Verkaufspreise, die stark unter Druck stehen. Der Saldo bei positiver oder negativer Einschätzung der zukünftigen Verkaufspreise steht bei -31. „Die Betriebe spüren den Kostendruck enorm, besonders im internationalem Wettbewerb. Die Probleme sind hinlänglich bekannt: Es braucht im Sinne einer Belebung der Wirtschaft endlich eine Entlastung für Arbeitgeber, etwa bei den Lohnnebenkosten oder mit Hilfe von Investitionsfreibeträgen“, fordert Präsident Ohneberg.

Reformen endlich angehen
Besonders ärgerlich dabei: „Während private Betriebe aufgrund des Kostendrucks zu ständi-gen Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen gezwungen werden, scheint bei der öffentlichen Verwaltung und im öffentlichen Haushalt das Gegenteil der Fall zu sein. Die Refor-munfähigkeit – besonders im Bund – und der eindeutig zu großzügige Umgang mit Steuer-geldern nimmt immer besorgniserregendere Ausmaße an“, so Ohneberg. Es mangle weder an Ideen, noch an der Zeit, sondern rein am politischen Willen.

5 Sterne-Niveau mit weniger Staat
Unter diesem Gesichtspunkt sei auch die jüngste Aussage von Landeshauptmann Markus Wallner, dass man in manchen Bereichen von 5 Sterne- auf das 4 Sterne-Niveau zurückfah-ren müsse, verständlich. „In Zeiten knapper Budgets kann nicht einfach so weitergemacht werden wie bisher, wenn Kostensteigerungen - etwa im Gesundheits- oder Sozialbereich - aus dem Ruder laufen. Weniger und ein effizienterer Staat heißt aber nicht automatisch we-niger Leistung, wenn den Bürgern wieder mehr Eigenverantwortung zugetraut und die Mög-lichkeit gegeben wird, durch die eigene Leistungsbereitschaft auf ein 5 Sterne-Niveau zu kommen“, ist der IV-Vorarlberg Präsident überzeugt. In Ländern wie beispielsweise der Schweiz sei das staatliche Leistungsangebot geringer wie in Österreich, es werde den Bür-gern jedoch mit einer geringeren Steuerbelastung und weiteren Begünstigungen leichter ge-macht, ihre höhere Eigenverantwortung selbst wahrzunehmen.

Die Branchenergebnisse im Detail
„Die Maschinen und Metallindustrie bleibt der konjunkturelle Vorreiter und Treiber“, so Mathias Burtscher, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Vorarlberg. Sowohl die derzeitige Geschäftslage, der Auftragsbestand als auch die Auslandsaufträge werden von über drei Viertel der befragten Unternehmen als gut angesehen. Mehr als die Hälfte kann sich auch vorstellen, weitere Beschäftigte mit entsprechender Qualifikation einzustellen. Großer Wer-mutstropfen bleibt der immense Druck auf die Verkaufspreise in drei Monaten, der von über der Hälfte der Befragten als steigend angesehen wird.

Auf konstantem Niveau bleibt die Situation in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, die Geschäftslage wird von 81 % als gleichbleibend eingeschätzt. Die gute Lage bei den Aus-landsaufträgen spielt mit 51 % weiterhin eine wichtige Rolle. „Die bestehende Mitarbeiterzahl wird von allen befragten Betrieben gehalten, der Blick in die Zukunft lässt aber weder bei der Ertragslage, noch bei der Geschäftslage in 6 Monaten große Euphorie aufkommen“, so Burt-scher.

„Die Textilindustrie zeigt sich in nahezu allen Werten konstant auf dem bisherigen, zwi-schenzeitlich wieder stabilen Niveau,“ so Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Indust-rie in der WKV. Leicht rückläufigen Auslandsaufträgen und etwas schlechterer Ertragslage stehen eine leicht bessere aktuelle Geschäftslage und eine Entspannung bei den Verkaufs-preisen gegenüber.

„Ein erfreuliches Signal in der aktuellen Umfrage kommt von der Elektro- und Elektronikin-dustrie. Alle Befragten berichten von einer aktuell guten Geschäftslage und aktuell gutem Auftragsbestand“, kommentiert Amann. 18 % planen die Aufstockung ihres Mitarbeiterbe-standes. Die Geschäftslage und Ertragslage in 6 Monaten wird zwar nicht besser als heute, aber immerhin stabil angesehen.

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