Return to Ländle: Come fly with me...

Return to Ländle: Come fly with me...
Thomas Moll

In der Hauptschule baute er Flugmodelle, bei der Musterung war er einer von zwei flugtauglichen Rekruten – unter 150. Eine Karriere als Militärpilot kam für Thomas Moll, heute Projektleiter am KMU-Zentrum der Universität Liechtenstein in Vaduz, aber trotzdem nicht infrage. Während der Fachausbildung an der HTL Rankweil geriet die Fliegerei dann fast in Vergessenheit, doch bei einem Flug durchs Walsertal war Moll plötzlich klar: „Ich werde Pilot.“ Warum es ihn deswegen in die USA verschlug, was er dort (fürs Leben) gelernt hat und warum man niemals Pilot zu Thomas Moll sagen sollte.

Und wie kam es, dass Sie in Tennessee (USA) Ihre Ausbildung zum Berufspilot absolvierten?
Das habe ich Erich Berger zu verdanken, neben Hans Bösch einer der beiden Koryphäen im Land, was Hubschrauber angeht. Durch ihn kam ich zur Flugschule in Clarksville, wo ich im Jänner 1993 die Ausbildung begonnen habe. Nach sechs Monaten war ich fertig und habe weitere fünf Monate damit verbracht, ein Arbeitsvisum zu bekommen und eine Flugschule zu suchen, denn das Ziel war, als Fluglehrer zu arbeiten. Ende 1993 hab ich diese dann in Newport News, Virginia, gefunden.

Sind Sie Ende 1993 nicht wieder nach Hause gekommen?
Doch, denn ich habe mit der Flugschule einen Deal gemacht, um das ohne Vermittlungsagentur zu machen – das ist nämlich so üblich, auch wenn es wesentlich mehr kostet. Ohne muss man sich halt selbst um das Arbeitsvisum kümmern. So oder so musste ich erst einmal Geld verdienen, damit ich mir die Ausbildung zum Fluglehrer wieder leisten konnte. Im Sommer 1995 hatte ich das Geld zusammen und bin ich wieder hinüber. Kaum war ich dort, wurde die Flugschule verkauft. Ich konnte meine Ausbildung zwar noch fertig machen, doch die Flugschule, wegen der ich zurückgegangen bin, gab es in dieser Form nicht mehr. Also bin ich anfangs für verschiedene Unternehmen geflogen, habe dann aber geholfen, eine neue Flugschule aufzubauen: Neben asiatischen Investoren haben wir über einen alten Kontakt aus meiner Zeit in Tennessee einen Investor aus Hawaii gefunden, der uns zehn Flugzeuge finanziert hat.

Sie sind zu der Zeit aber schon auch geflogen bzw. haben als Fluglehrer gearbeitet?
Natürlich. In gewisser Weise habe ich damals meine Leidenschaft für die Wissensvermittlung und den Aufbau von Unternehmen entdeckt. Unter anderem weil ich selbst eine sehr fundierte fliegerische Ausbildung genossen habe und dieses Wissen entsprechend weitergeben konnte. Aber auch weil meine Lehrer altgediente und erfahrene Flieger waren, darunter Mitarbeiter der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde oder der NASA.

Wenn man Ihnen so zuhört, hat man das Gefühl, Fliegen ist total einfach...
Wenn man weiß, welche Technik dahintersteckt, ist es auch simpel. Im Grunde ist Fliegen nichts anderes als eine Balance der Kräfte. Das heißt: Sämtliche Kräfte werden gegeneinander ausgespielt. Das merkt man vor allem beim Kunstfliegen. Vor allem aber muss man als Fluglehrer die Fähigkeit besitzen, auf verschiedene Typen von Menschen einzugehen.

Wie meinen Sie das?
Nun, in der Fliegerei hat man es mit sehr unterschiedlichen Charakteren zu tun. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass es sich eigentlich um eine sehr gelddominierte Branche handelt. Schon die Ausbildung ist sehr teuer, daher hat man es entweder mit Menschen zu tun, die schlichtweg Geld haben, oder mit solchen, die es sich hart erarbeitet haben. Außerdem habe ich amerikanische Militärpiloten ausgebildet, die eine kämpferische Grundeinstellung mitbringen. Beim Lernen kann das allerdings hinderlich sein, weil sie oft der Meinung sind, dass sie eh schon alles können. Da braucht man dann eben das nötige Wissen, wie man mit solchen Menschen – oder eben mit anderen Charakteren – entsprechend umgeht.

Lernt man das denn?
Ja, Psychologie ist auch ein Teil der Ausbildung. Ich habe in dieser Hinsicht aber viel von meinen Lehrern und Prüfern gelernt. Das waren größtenteils uralte Hasen. Der älteste war damals schon über 80 Jahre alt, topfit und ist immer noch geflogen. In der Fliegerei sagt man: Es gibt alte Flieger und es gibt waghalsige Flieger, aber es gibt keine alten waghalsigen Flieger. Man wird in der Fliegerei also nur alt, wenn man Risiken einschätzen kann. Das Safety-Denken ist ganz wichtig und das musst du von der ersten Stunde an entwickeln, denn Fehler dürfen einfach nicht passieren. Vor allem als Fluglehrer wirst du auf Notsituationen, worst case scenarios, trainiert. Dieses Denken zieht sich bei mir bis in meinen jetzigen Beruf: Welche Alternativen gibt es? Was, wenn es mal nicht gut läuft? Außerdem musst du Szenarien durchdenken, wenn es gut läuft, denn wir wissen alle, dass sich das Blatt sehr schnell wenden kann. Dieses Wissen kann mir niemand mehr nehmen – egal was ich mache, ich denke immer schon zwei Schritte voraus – das hab ich beim Fliegen gelernt.

Warum dann die Rückkehr aus den USA 1997? Ich meine, es klingt als wäre es Ihr absoluter Traumjob gewesen?
Stimmt schon, aber ich habe keine Verlängerung für mein Visum bekommen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich nämlich nur ein J1-Visum und das ist an eine Ausbildung geknüpft und nur zwei Jahre gültig. Für ein neues Arbeitsvisum hätte ich einen Sponsor gebraucht, also jemanden, der Verantwortung und Kosten übernimmt, wenn irgendetwas passiert. Für große, weltweit tätige Firmen wie zum Beispiel Hilti ist es wesentlich einfacher, für Mitarbeiter mehrjährige Arbeitsvisa für die USA zu bekommen. Ich hätte übrigens auch meine damalige Freundin heiraten können. Aber für mich war klar: Ich heirate nicht, um eine Arbeits- oder Aufenthaltsbewilligung zu bekommen.

Bereuen Sie es denn?
Wäre ich damals in den USA geblieben, wäre mein Leben sicher ganz anders verlaufen. Aber ich bereue nichts, schließlich habe ich nach meiner Rückkehr mit 30 neben meinem Full-Time-Job die Matura nachgeholt, und anschließend an der Hochschule in Vaduz Betriebswirtschaft mit Vertiefung in Finanzdienstleistungen studiert. Kontinuierliche Weiterentwicklung und permanentes Lernen gehören zu meinem Leben.

Sie sind 2000 als Co-Pilot für Rheintalflug Seewald geflogen, allerdings nur ein halbes Jahr...
Ja, diese Zeit war sehr lehrreich für mich. Sie hat mir gezeigt, wie die kommerzielle Luftfahrtbranche tickt und wie mit Menschen dort umgegangen wird. Mir wurde klar, dass für mich andere Werte wichtig sind und habe daraufhin beschlossen, meine berufliche Laufbahn in der Luftfahrt an den Nagel zu hängen. Seit damals unterscheide ich persönlich auch klar zwischen dem Begriff Pilot – dem Führer eines Flugzeuges und dem Flieger – der mit den Elementen spielt. Ich gehöre zu den Fliegern.

Vermissen Sie eigentlich etwas aus Ihrer Zeit in den USA?
Ich vermisse den amerikanischen Lebensstil, die Freiheit. Und dass das Leben in den USA viel kurzfristiger ist: Die Menschen sind viel mobiler, setzen sich schneller mal ins Flugzeug, um den Kontinent zu überqueren. Da gibt es Bauern, die einen Flieger hinterm Haus stehen haben. Oder Privatpersonen, die das Flugzeug als reines Transportmittel betrachten – das muss man auch, wenn man beispielsweise in Alaska oder Kanada lebt. Distanzen haben in Amerika eine ganz andere Bedeutung. Die amerikanische Mentalität, diese gewisse Oberflächlichkeit, geht mir hingegen nicht ab. Wobei man auch in den USA sehr gute Freunde haben kann – es braucht nur viel länger. Ich habe heute noch viele gute Freunde aus meiner Zeit in den USA. Wir sehen uns alle paar Jahre und machen dann dort wieder weiter, wo wir beim letzten Mal aufgehört haben. Im Gegensatz dazu sind die Europäer eher ein soziales Netzwerk gewohnt, das permanente Pflege benötigt. Ein weiterer Grund, warum ich den Pilotenjob an den Nagel gehängt habe.

Aber Sie fliegen schon noch?
Natürlich. Ich habe gerade eben meine amerikanischen Fluglehrer-Lizenzen wieder verlängert . Ich freu’ mich schon wieder auf den nächsten USA-Trip (lacht).

Factbox
Thomas Moll (41)
Projektleiter im KMU-Zentrum der Universität Liechtenstein, dem Kompetenzzentrum für Klein- und Mittelunternehmen (www.kmu-zentrum.li)  
verheiratet, wohnt in Diepoldsau

•    1993: Clarksville, Tennessee, USA (Ausbildung zum Berufspiloten)
•    1995 – 1997: Newport News, Virginia, USA (Fluglehrer, aber u.a. auch Officemanagement & Marketing)
•    1997 – 2012: Verschiedene berufliche Stationen (z.B. Rheintalflug Seewald, Telecom FL AG, Hochschule Liechtenstein, Skytrend Consulting, PSA Parts & Systems AG)
•    2007 – 2009: Genossenschaft Fliegermuseum Altenrhein (Präsident)
•    2007 – 2011: HFC Historic Flight Center GmbH, Altenrhein (Geschäftsführungsmandat)
•    seit Mai 2012: KMU-Zentrum (Coaching, Begleitung, Netzwerke u.a.m. für kleine und mittlere  Unternehmen – beim Start, beim Wachstum und bei grundlegenden Veränderungen)

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