Wohnraum neu gedacht

Wohnraum neu gedacht
Vom Wohnwagon können 3 Varianten je nach Wunsch individualisiert werden.

Wien (A) Wie viel Platz braucht man zum Leben? Dieser Frage sind die Wiener Unternehmer Theresa Steininger und Christian Frantal nachgegangen und haben ein Wohnraumkonzept entwickelt, das sich sehen lassen kann: Unter dem Namen Wohnwagon ist eine optisch ansprechende Behausung entstanden, die sich bewegen lässt.

Dabei ist das Häuschen auf Rädern nicht nur praktisch, sondern ermöglicht durch eine eigene Photovoltaikanlage, Bio-Toilette und Wasseraufbereitungsanlage ein unabhängiges Wohnen und einen geschlossenen Wohnkreislauf. Die Start-Finanzierung haben die Gründer über eine Crowd-Investing-Plattform aufgestellt. Mittlerweile konnte ihre Vision verwirklicht werden und die ersten Wohnwagons die Werkstatt verlassen.

Gratulation - ihr habt es geschafft, eine Idee in ein innovatives Projekt umzuwandeln und damit zahlreiche Menschen von einer selbstbestimmten Lebensart zu überzeugen! Seid ihr euch dieses Erfolgs bewusst oder kommt ihr durch die viele Arbeit gar nicht zum Reflektieren?
Theresa Steininger: „Wir haben es geschafft“ ... da müssen wir schmunzeln - dieses Gefühl stellt sich bei uns im Alltag noch nicht so wirklich ein. Da geht es vielfach um Problemlösung, Etablierung von Prozessen und den alltäglichen Start-up Wahnsinn. Was wir denke ich geschafft haben, ist, ein umweltpolitisches Statement zu setzen. Wir sprechen vielen Menschen aus der Seele und zeigen für viele erstmals eine Alternative: wie zukunftsfähiges Wohnen aussehen könnte und wie das auch etwas Schönes sein kann. Darauf bekommen wir ein sehr positives und emotionales Feedback. So wirklich geschafft ist damit aber erst der erste Schritt. Wenn wir wirklich etwas verändern und aufbauen wollen, müssen wir schon dran bleiben. Das machen wir aber gern.  

Die Beschreibung eures Wohnwagen Systems liest sich logisch und fast simpel. Fast so, als hätten auch viele andere Personen dieses System entwickeln können - nur haben sie das nicht. An was liegt es, dass genau ihr von dieser Idee und diesem Unternehmergeist begleitet worden seid?
Theresa Steininger: Auch bei der technischen Entwicklung geht es im Grunde um eine Reduktion auf das Wesentliche, um das Finden der einfachen Lösung. Aber gerade darin liegt bei komplexen Systemen die Schwierigkeit. So ganz simpel ist es in der Entwicklung also nicht, auch wenn die Natur im Grunde für alles schon Antworten parat hat. Man muss aber wissen, wie man die Prozesse für sich nutzen kann. Wir haben dafür von Beginn an auf Vernetzung gesetzt, haben uns Kapazunder aus den verschiedenen Bereichen gesucht und von rundherum Know-how reingeholt. Wir stehen zum Open-Source Gedanken und stellen im Gegenzug unser Wissen gern zur Verfügung.
Ein solch großes Projekt wird wohl nicht nur von glücklichen Zufällen begleitet, sondern auch von teilweise schwierigen Zeiten, die es durchzustehen gilt.

Würdet ihr euch als Stehaufmanderl bezeichnen?
Theresa Steininger: Ja, wir sind schon ordentlich stur. Wir wollen das wirklich. So oft wie wir ein „Nein“ von verschiedenen Seiten gehört haben, muss man manchmal schon einen gscheiten Vogel haben wenn man trotzdem überzeugt ist: „Das muss gehn!“ - und einfach weitermacht. Wir fangen uns auch im Team gegenseitig auf, wenn einer gerade ein Tief hat und sich fragt, warum man nicht lieber 20 Stunden an irgendeiner Supermarktkassa arbeitet und die restliche Zeit ein ruhiges Leben führt. Aber man kommt dann schnell wieder drauf: Das wären nicht wir. Also schauen wir, wo uns unsere Geschichte hinführt.

Wie kann man sich ein Leben in einem Wohnwagon in etwa vorstellen? Muss man dafür in die Pampa ziehen oder wäre eine solche Unterkunft auch in einer Großstadt wie Wien möglich?
Theresa Steininger: Der Wohnwagon selbst ist für ein Wohnen in der Natur konzipiert. Es muss ja nicht gleich die Pampa sein, Stadtrand wäre auch ok. Wir wollten mit dem Wohnwagon aber vor allem eines zeigen: Ein geschlossener Wohnkreislauf ist möglich. Autark wohnen geht, sogar in der kleinsten Einheit – dort ist es nämlich am schwierigsten. Je größer die Einheiten und Komplexe werden, desto einfacher und billiger wird Autarkie. Man könnte also die Überlegungen des Wohnwagon-Konzepts nehmen und auf die Stadt anwenden: Eigene Grünkläranlage, Gemeinschaftsgarten, Windrad, Photovoltaik und Kompost am Dach, kleine individuelle Wohneinheiten, dafür mehr Gemeinschaftsflächen, natürliche Baumaterialien sowieso, selbstbestimmte Bewohner die sich teilweise auch selbst um Dinge im Haus kümmern – das könnten dahingehend auch für Städte Überlegungen für die Zukunft.

Würdet ihr auch selbst in einem Wohnwagon wohnen - und falls ja, an welchem Ort?
Theresa Steininger: Am Stadtrand, in einer Gruppe mit Gleichgesinnten, gemeinsamem Garten, ... ja das ist schon eine schöne Vorstellung.  

Ein Leben oder auch die Arbeit in einem Wohnwagon scheint eine romantische Komponente zu haben. War das Gefühl hinter der Idee denn ein romantisches oder eher ein praktisches?
Theresa Steininger: Weder noch eigentlich. Für uns war der Wohnwagon immer ein philosophisches und politisches Statement: Was brauchst du eigentlich für ein gutes Leben? Wie können neue Wohnformen aussehen, welche für die Natur verträglich sind und trotzdem Spaß machen? Natürlich ist es süß, wenn in meinem Badeofen das Feuer prasselt und man zum Abendessen bei Regen vor dem großen Fenster sitzt - also es darf und muss auch schön sein, das gute Leben! Das wollten wir zeigen.

Wart ihr von der Idee des Crowdinvesting gleich prinzipiell angetan oder habt ihr sie einfach für euer Projekt genutzt?
Theresa Steininger: Für uns war eigentlich von Anfang an klar, dass wir für das Projekt auch eine innovative Finanzierungsform brauchen. Von der Möglichkeit des Crowdinvesting - also von dem Modell, dass Kleinstinvestoren wirklich am Firmenwert und am Gewinn beteiligt werden – waren wir wirklich angetan. Man trägt gemeinsam das Risiko, aber profitiert auch gemeinsam, wenn es funktioniert. Das ist ein gutes Gefühl!

Worin liegen die Schwierigkeiten bei einem Crowdinvesting Projekt?
Theresa Steininger: Es gibt keine anonyme Crowd im Internet, die nur darauf wartet, in innovative Projekte zu investieren. Crowdinvesting braucht sehr, sehr viel Kommunikation - das ist auch tatsächlich Arbeit, die man nicht unterschätzen darf. Wenn es klappt, hat man jedoch viele Vorteile auf einmal: Einen ersten Test, ob die Idee am Markt ankommt, eine erste Community und Gruppe von Multiplikatoren, ein Netzwerk usw. Crowdinvesting ist weit mehr als nur Geld.

Habt ihr das Gefühl, dass Banken bei der Kreditvergabe innovativen Projekten kritisch gegenüber stehen?
Theresa Steininger: „Kritisch“ würde ja heißen, dass nach einer fundierten Prüfung des innovativen Projekts eine Finanzierungsentscheidung getroffen wird - wir haben aber eher das Gefühl, dass es de facto einfach keine Finanzierung für innovative Projekte oder Gründungen gibt, wenn man nicht auch noch die Unterhose der Großmutter mitverpfändet. Wir haben es damals gar nicht probiert, aber das ist unser Gefühl. Es ist auch nicht unbedingt immer die Aufgabe der Banken, riskante Projekte zu finanzieren. Aber sie könnten da durchaus zumindest ein bisschen Risiko mittragen, um die Gründungslandschaft für Jungunternehmer interessanter zu machen.

Gibt es bei euch eine spezifische Gruppe von Investoren oder sind die Förderer von ihrer Ausrichtung her bunt gemischt?
Theresa Steininger: Das ist ganz bunt gemischt. Quer durch die Gesellschaftsschichten, alle Altersgruppen – und das freut uns sehr. Viele sind in der einen oder anderen Form selbst unternehmerisch tätig, für diese wäre es vorteilhaft, wenn das Crowdinvesting unter den Investitionsfreibetrag fallen würde oder irgendwie abschreibbar wäre.

Welche Befindlichkeiten und Herausforderungen haben sich im Umgang mit Investoren ergeben?
Theresa Steininger: Eine Herausforderung ist sicher, dass die Kommunikation immer einen gewissen Aufwand bedeutet - man will die Crowd am Laufenden halten aber gleichzeitig möchte man bei seinen Projekten weiterkommen und das Unternehmen voran bringen. Da müssen wir uns immer ein bisschen an der Nase nehmen um den Kontakt aufrecht zu erhalten  – aber die Zusammenarbeit mit unserer Crowd ist eigentlich sehr angenehm. Manche wollen es genauer wissen und melden sich öfters, kommen zu Veranstaltungen, anderen wiederum reicht die Information über den Newsletter aus.

Hat die vielgerühmte Transparenz bei einem Crowdinvesting Projekt auch irgendwo ihre Grenzen?
Theresa Steininger: Bestimmt gibt es Grenzen, diese haben wir aber noch nicht gefunden. Natürlich hat man nicht alle Unterlagen schriftlich bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, aber bis jetzt hat noch jeder Investor eine ehrliche Antwort auf eine Frage bekommen, wenn etwas angestanden ist. Wir hoffen, dass wir das so weiterführen können! Für mich ist Ehrlichkeit eine wichtige Grundlage für unser Unternehmen, anders möchte ich nicht arbeiten.

Habt ihr das Gefühl, dass es auch in Österreich möglich ist, sich mit einer guten Idee vom sprichwörtlichen Tellerwäscher zum Millionär hochzuarbeiten?
Theresa Steininger: Hm, das ist eine schwierige Frage. Wenn man sich die Gesellschaft als Ganzes ansieht, dann lässt sich eigentlich wenig soziale Durchlässigkeit zwischen den Schichten erkennen - jeder kocht ein bisschen in seinem eigenen Süppchen. Aber vielleicht gelingt es uns ja, auch die Geschichte einmal neu zu schreiben - ich bin da grundsätzlich optimistisch. Aber bis wir Millionäre sind, dauert es wohl noch eine ganze Weile; das ist aber eigentlich nicht unser Ziel mit dem Projekt.

Durch diese intensive Arbeitszeit habt ihr sicherlich viel brauchbares Unternehmerwissen erworben. Habt ihr Tipps für andere Personen, die gerne ein innovatives Start-up angehen möchten?
Theresa Steininger: Da gibt es an sich sehr viele. Im Kern: Kooperation statt Konkurrenz, ein Netzwerk aufbauen, viel kommunizieren, immer versuchen, die eigene Begeisterung weiterzugeben und zugänglich zu machen und eine gute Mischung aus Sturheit und Realismus zu haben. Aber vor allem: Alles kommt vom Tun! Also einfach wirklich machen und nicht nur darüber reden.

Auf Social Media Teilen:          

WW Wohnwagon GmbH

  Arnethgasse 42,
  Österreich
  +43 660 4814393

Kein Logo vorhanden

Könnte Sie auch interessieren